domenica 27 novembre 2016

Olivenöl und Sensorik

Olivenöl und Sensorik

SENSORIK UND ORGANOLEPTISCHE PRÜFUNGEN
Mit der Änderung der Verordnung werden die Kontrollen der geschmacklichen Eigenschaften für die Qualitätsbestimmung deutlich gestärkt. Neben die Chemiker treten jetzt auch Geschmackstester zur Kontrolle. Eine Olivenöl-Testergruppe, ein so genanntes Olivenöl-Panel, dessen Mitglieder in ihren Fähigkeiten vom internationalen Olivenölrat (COI) geprüft und anerkannt werden müssen, beurteilt in Blindverkostungen mögliche Mängel des Olivenöls wie auch seine positiven Merkmale.
Diese Testergebnisse sollen jetzt den Ausschlag für die Klassifizierung der Olivenöle in Güteklassen ergeben. Ein Säuregrad von kleiner 0,8% führt danach z.B. nicht mehr automatisch zum Attribut als Natives Oliveöl Extra. Ist der Wert nur auf Grund chemischer Manipulation erreicht worden, so konnten durch die Manipulation jedoch die geschmacklichen Mängel nicht beseitigt werden. Sie bleiben für den Panel-Tester zu erkennen und geschmacklich festzustellen.
Fehlermerkmale
Das Panel ordnet Mängel (Fehler) des Olivenöls nach folgenden Begriffen/Kategorien: stichig; muffig-modrig; wein-, essigartig; sauer; schlammig; metallisch, ranzig; Sonstiges. Aus allen Bewertungsnoten der einzelnen Panelmitglieder für ein blind verkostetes Olivenöl wird als Prüfergebnis ein spezieller Mittelwert, der Fehlermedian, gebildet. Der Fehlermedian darf dann für Natives Olivenöl Extra in keiner der Kategorie von Null abweichen, das Olivenöl muss ganz fehlerfrei sein.
Positive Merkmale
Positive Merkmale von Olivenölen werden ausschließlich nach folgenden Begriffen/Kategorien beurteilt: fruchtig, bitter, scharf. Auch hier ergibt der Beurteilungsmittelwert, der Fruchtigkeitsmedian, das Prüfergebnis ab. Für native Olivenöle muss er in jeder der drei Kategorie größer Null sein. Das Öl muss in jedem Fall ein wenig fruchtig, bitter und scharf bewertet worden sein.
Die Geschmacksvielfalt droht auf der Strecke zu bleiben
Geschmacksangaben auf dem Etikett sind jetzt untersagt, da die EU-Kommission noch keine objektiven Verfahren zur Bestimmung der sehr geschätzten Vielfalt an Geschmacks-, Aroma- und Farbmerkmalen festlegen kann.
Dies halte ich für einen deutlichen Rückschritt. Damit ist es so als wenn Wein auf dem Etikett nicht mehr als trocken, halbtrocken oder lieblich ausgezeichnet werden dürfte. Objektiv messbare Verfahren für die entsprechenden Aussagen bei Olivenölen zu finden dürfte schwer sein. Das Verbot schadet eher den kleineren Erzeugern, die sich auf den Weg gemacht haben nicht mehr nur Rohstofflieferant von Fett für die Lebensmittelindustrie zu bleiben sonder wieder in der Manufakturtradition eines Oliviers zu produzieren. Wie der Winzer nicht Weintrauben anbaut um Zucker zu gewinnen, sucht ein Olivier nicht Fett sondern einen aromatischen Fruchtsaft zu erzeugen.
Das er das Ergebnis seiner Kunst nicht mehr auf dem Etikett, also am Produkt, beschreiben darf dient nur der charakterlosen Massenware, die sich öffentlich nicht daran messen lassen muss. Mit arteFakt habe ich das Medium eines jährlichen Kundenmagazins geschaffen, die "Auskünfte" und damit die Möglichkeit diesen Mangel für einige Oliviers durch ausführliche Darstellung zu beheben. Es bleibt trotzdem für die meisten kleinen Erzeuger ein Wettbewerbsnachteil gegenüber den Herstellern von charakterlosen Massenprodukten.
Milch kommt aus dem Tetrapak und wo kommt Olivenöl her?
Mit der neuen Verordnung dürfen geografische Herkunftsangaben der Olivenöle nicht mehr auf dem Etikett deklariert werden. Ähnlich den Verfahren des D.O.C. zu geschützten Ursprungs- und Gebietsangaben wurde für Olivenöle eine D.O.P.-Zertifizierung eingeführt. Erst wenige mediterrane Regionen haben sich bisher durch das bürokratische Verfahren gekämpft und eine D.O.P. Definition und Zertifizierung erlangt. Wegen der Inhomogenität vieler Regionen wird es oft auch gar nicht möglich sein das zu erreichen.
Weiterhin wird versucht mit dieser Neuregelung das Vermischen von gepresstem Olivenöl aus verschiedenen Ländern und Regionen zu unterbinden. Die Herkunft eines Olivenöls wird daher an das Pressen in einer Mühle gekoppelt, man ging bei der Abfassung der Neuregelung davon aus dass die Oliven dort gepresst werden wo sie auch geerntet werden und diese Bindung daher zu einer eindeutigen Herkunftsbezeichnung führt. Die wirkliche Herkunft der Oliven im Dunklen zu lassen folgt weiterhin handfesten ökonomischen Interessen. Ca. 85% der Ernte der Oliven und weiterer Teile der Olivenölgewinnung sind bis heute harte Handarbeit.
Der wesentliche den Preis bestimmende Faktor des Olivenöls machen daher die jeweiligen regionalen Arbeitskosten aus. Im Unterschied zu Italien arbeiten z. B. hierfür in Griechenland und Spanien überwiegend "Wanderarbeiter" aus Albanien, Pakistan, Marokko etc., wie wir das bei der Spargelernte oder Weinlese auch in Deutschland kennen. Ein durch die geringeren Arbeitskosten gegenüber italienischem Olivenöl günstigeres aber in der Qualität gleichwertiges Olivenöl vom Peloponnes über Italien verkauft und als eines aus der Toskana deklariertes oder dem toskanischen Olivenöl beigemischtes, erzielt am Markt bereits einen schönen Zusatzgewinn. Auch vom Wein her ist dieser Marktmechanismus bekannt.
Ein in der Qualität durchaus gleichwertiger Wein aus der Bordeauxtraube, aber in den Bergen von Korinth statt in Frankreich auf einem Chateau angebaut und erzeugt, erzielt am Markt keine gleichwertige Preise. Das Panschen oder eleganter ausgedrückt, das Verschneiden von Olivenölen ist logistisch mittels Tankwagen oder Tankschiffen auch über große Entfernungen keine große Herausforderung.
Mit der neuen Festlegung, das die Herkunftsbezeichnung des Olivenöls an den Ort der Pressung der Oliven gebunden ist, konnte sich wohl keiner vorstellen, das statt der Tankwagen mit Olivenöl nun Schwerlasttransporter mit Oliven durch die Gegend fahren würden. Hätte ich nicht mit eigenen Augen den Abtransport in so genannten LKW-Trailern gesehen, in die große Schaufelbagger Oliven einluden, die eine Woche lang auf dem Hof offen angesammelt worden waren, hätte ich mir das auch nicht vorstellen könne. Aus Apulien gehen die Oliven z.B. in die Toskana und aus Katalonien nach Südfrankreich.
Wäre einer dieser Trailer bis zu mir nach Bremen gefahren und hätte ich dort die Oliven dort gepresst, dann gäbe es jetzt das erste Bremer Native Olivenöl Extra, streng korrekt nach der Olivenölverordnung.
Eine kritische Anmerkung zum Fruchtigkeitsmedian
Als positive Eigenschaft für Fruchtigkeit werden von den Paneltestern nur grün-olivige Noten definiert und als positiv bewertet, dazu kommen die weiteren positiven Kriterien "bitter" und "scharf". Dadurch wird eine Tendenz gestützt, die außerordentlich reizvolle Geschmacksvielfalt der Olivensorten mit all ihren Aromanuancen, die zumeist nicht grün oder olivig schmecken, auf die Eigenschaften weniger Standardsorten zu reduzieren, wie wir das aus dem Obstanbau schon lange kennen.
Ein anderer Weg die grünen Noten zu erreichen ist es nur frühreife Oliven zu ernten. Vergleichbar dem Apfel würde dann nur noch der frühreife, knackige und fruchtsaure Apfelgeschmack als positiv bewertet. Beim Wein wäre dann wahrscheinlich ein Verjus das beste Ergebnis. Die wirkliche Aromenvielfalt entwickelt sich aber erst in der Mitte der Reife einer Frucht. So auch bei Oliven, sie können dann nach vielerlei Obstfrüchten und geschmackvollen Blättern schmecken. Letztlich ist doch das die Kunst des Oliviers wie des Winzers diese für die Sorten, Regionen, Hanglagen und Böden charakteristischen Aromen voll zur Geltung zu bringen. Erst das macht Wein wie Olivenöl zur Leidenschaft und lässt den Terroir gegenüber dem Aromenkonzentrator gewinnen.
Ich bleibe bei meinem Konzept der Sorten- und Geschmacksvielfalt, wie ich es von den Winzern entlehnt habe und halte daran fest - auch um den Preis, dass Paneltester mir dafür dann keine Bestnoten erteilen.

Ihr
Conrad Bölicke - Olivier von arteFakt
Qualität beginnt im Kopf (John Ruskin, 1819-1900)

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